Samstag, 18. April 2015

Was hilft TIPP der EU?

Was hilft uns Europäern ein mögliches TIPP Abkommen? Uns impliziert hier, dass es sich um Menschen oder überschaubare Gruppen von Menschen handelt. Große Konzerne und Zusammenschlüsse haben es wohl bereits geschafft sich Tochterunternehmen in beiden Groß-Märkten anzuschaffen und forcieren das TIPP Abkommen um die Kosten für die beiden Märkte durch Synnergiebildung zu reduzieren. Aus den Erfahrungen der Integration der europäischen Märkte kommt es hier eher zu Arbeitsplatzeinsparungen, da jede Vereinheitlichung zwangsläufig zur Zusammenlegung führt – das ist ja auch das Ziel. Der Grundansatz ist hierbei, dass die USA und Europa die gleichen Systeme und Wertehaltungen haben und daher eigentlich einen Wirtschaftsraum bilden. Die Grundannahme von TTIP ist, dass die USA und Europa keine wirtschaftlichen Konkurrenten sind und daher ruhig die Normen und Regeln der USA auch in Europa gelten können – und natürlich auch umgekehrt. Als einfachste und effektivste Kostenersparnis im Handel weltweit könnte man einfach die Umstellung auf das metrische System vereinbaren – die Steigerung der Produktsicherheit, Kompatibilität, Synergien und neuer Handelschancen wäre unweit größer als die Versuche von EU-Seite eine offensichtliche Unterwerfung des eigenen Normenregimes unter das der USA (auch ausgesprochene Strategie der USA, Japan und Europa gleichzuschalten um China unter Druck zu setzen) zu motivieren.

Günstigsten Falls kann bei echten Verhandlungen nur ein Kompromiss zwischen zwei Ausgangspositionen herauskommen. Wenn die EU-Verhandlungsseite jetzt Unmengen an Papieren hier produziert, die belegen sollen, wie sehr Europa hier profitiert, kann das einfach nicht richtig sein. Wenn man jetzt noch die Menge der Lobby's anschaut, die hier zu beiden Seiten des Atlantiks darauf aus sind ihre gesetzlichen Vorgaben profitorientiert (und nicht arbeitsplatz- oder gemeinwohlschaffend) zu optimieren, dann entlarvt man diese Ãœbungen ganz einfach als das was sie sind: Fortschreibung des Regimes der Finanzkonglomerate über die Menschen-Märkte. Oder einfacher unter der Prämisse, dass die Menschen für die Wirtschaft da seinen und nicht die Wirtschaft für die Menschen. Wirtschaft wird hier nicht einmal mehr ansatzweise als eine gemeinschaftlich-gesamtheitliche Anstrengung aller Menschen gesehen sondern Wirtschaft bekommt nahezu eine eigenen Rechtspersönlichkeit und viel zu oft supranationale Machtposition, die sich jedem sozialen und demokratischen Zusammenwirken von Menschen und Gruppen entziehen kann. Wirtschaft in diesem Sinn ist schon längst „to big to fail“ und muss mit Wachstumsraten (netto exponentiell) gefüttert werden.

In dieser Grafik sind nur diejenigen Lobbingfirmen und Lobbyisten aufge-führt, die sich freiwillig in der Lobbyingliste regis-trieren haben lassen.







Wenn man jetzt eine Versechsfachung der industriellen Nettoproduktionswerte in Deutschland in den letzten 70 Jahren festhält, dann ist eine gleichzeitige (valorisierte) Verdreifachung der Monatslöhne in diesem Zeitraum und eine zahlenmäßig ungefähr gleichbleibende Beschäftigung im produzierenden Gewerbe ein starkes Indiz dafür, dass Kostensenkungen laut TTIP kaum bis gar nicht zu neuen Arbeitsplätzen führen werden. Noch dazu wo es schon innerhalb der Wirtschaftsräume Prozesse der „Versteigerung“ von Arbeitsplätzen in Bezug auf die günstigsten angebotenen Konditionen für die jeweilige multinationale Firma gegeben hat. Diese Lizitationsformen werden durch Abkommen wie TTIP oder dergleichen nur verstärkt werden. Trusts und Konzerne haben nicht das Ziel eine Maximalzahl an Mitarbeitern im Wirtschaftsprozess optimal produktiv einzusetzen, sondern eine maximale Rendite zu erwirtschaften. Einen sehr hohen ROI bieten hierbei Strafzahlungen auf Grund von gewonnenen Investitionsschutzklagen. Hier müssen nicht einmal die Investitionen vollständig getätigt werden um einen Verdienstentgang zugesprochen zu bekommen.

Alles in allem sollten die EU-Verhandler im TTIP-Kontext sich auch überlegen ob sie sich a la longue nicht selbst wegrationalisieren oder sich zumindest der Zuwendungen von Lobbyisten berauben, da der Erfolg der TTIP-Strategie für deren Initiatoren wahrscheinlich an der Veränderung der ausgegebenen Lobbyinggelder in Brüssel zu messen ist. Wenn dann die Lobbyingfirmen ihre Büros in Brüssel schließen und in Washington ausbauen, dann hat TTIP sein strategisches Ziel erreicht. Gen Mais für alle! Dollar für alle! Ein großes Reservat für die europäischen Sozialisten (lauter staatliche Sozial- und Pensionsversichungsheinis – Dienstleistungsfreiheit für amerikanische Pensionsfonds in Europa!) Die EU müsste es endlich schnallen, dass ihr Ãœberleben und auch ihre Macht nur davon abhängt, dass sie sich schleunigst emanzipiert und selbst integriert. Die USA haben so überhaupt kein Interesse an einem starken Europa und schon überhaupt nicht an einem starken Euro. Was hat die EU vom TTIP?

DI Mathias Gruböck Wien, 18.04.2015
Unternehmens- und Organisationsberater


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